Martin Umbach im Tannerhof
Mit hohen Erwartungen gingen die Zuhörer zu diesem Vorleseabend im stimmungsvollen Kaminzimmer des Tannerhofes mit knisterndem Kaminfeuer, einem Glas Wein in der Hand, ihr Lieblingsbuch in der anderen, entgegen.
Und sie wurden nicht enttäuscht, nein, geradezu verzaubert. Schauspieler Martin Umbach, der dieses Genre des Literaturmixes erfunden hat, tritt in die Runde, sammelt die Bücher der Zuhörer ein, stapelt sie grade so, wie sie ihm gereicht werden, auf seinem Tischlein und greift das erste und beginnt zu lesen. In diesem Moment sind die Ohren bereit ganz neu zu hören, denn jeder der Anwesenden hat ja vielleicht seinen literarischen Liebling dahin gegeben, auf dass er neu auferstehen möge unter der Sprachkunst eines Martin Umbach. Und das tut er!
Da begegnet ein zarter, kühl leidenschaftlicher Liebesbrief Rilkes der Beschreibung eines in Konventionen erstickten Gefühls eines Textes von John Williams…. Eine hoch hypochondrische Textvignette aus Jerome K. Jerome „Drei Mann in einem Boot“ legt sich auf das vorher Gelesene, und so stapelt sich Text über Text, bis wir in die oberste Lage der Collage gelangen mit einem St. Exupery Textjuwel aus dem kleinen Prinzen: Da unterhalten sich Fuchs und kleiner Prinz über das Zähmen, was so viel bedeutet wie sich vertraut machen.
Das Ende des zauberhaften vielschichtigen Vorleseabends gelingt mit dem köstlichen Kinderbuch „Frederic“: Der dichtende Mäuserich schenkt seinen Mäusegeschwistern mit Sonnenstrahlen, Farben und der Magie der Wörter einen Überlebensvorteil in der entbehrungsreichen Winterzeit.
Martin Umbach sagt, auf seine Vorgehensweise befragt, dass er wie ein Musiker vorgehe, der vom Blatt spiele, innerlich ganz leer, ganz Ohr, die Temperatur ihm unbekannter Texte erfühlend. „Gute Literatur habe so ein Ziel, was man erahnen könne“, sagt er, außerdem habe er ja schon 35 Jahre Erfahrung sammeln können.
19.01.2014 – kulturvision.de
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